Der maschinenlesbare Personalausweis

Elektronische Funkionen werden nicht nachgefragt

Bremische Bürgerschaft, Fragestunde.

Seit November 2010 wird der neue Personalausweis mit integrierter Funktion zur Identifikation auf elektronischem Wege ausgegeben, eine vollständige Umstellung erfolgt bis zum Jahr 2020. Mit dieser Funktion ist es möglich, mittels eines geeigneten Lesegeräts von seinem heimischen Rechner aus Behördengänge zu erledigen und öffentliche Dienste in Anspruch zu nehmen aber auch mit privaten Anbietern sicherer zu kommunizieren, etwa bei Überweisungen von Girokonten.

Viele Bürgerinnen und Bürger stehen den neuen Anwendungen jedoch skeptisch gegenüber, zu Anfang ließen nur wenige die Online-Funktion freischalten. Zugleich wurden Sicherheitslücken bei bestimmten Lesegeräten bekannt, die ein Ausspähen von persönlichen Daten möglich machen. Auch das Angebot nutzbarer Dienste ist seitens der Behörden noch nicht besonders stark ausgebaut, was ebenfalls nicht zu einer Erhöhung der Akzeptanz der neuen Funktionen beiträgt.

Wir fragen den Senat:

  1. Wie viel Prozent der Bürgerinnen in Bremen und Bremerhaven entscheiden sich bei der Beantragung für eine Freischaltung der Online-Funktionen? Hat sich diese Zahl seit 2010 erhöht?
  2. Wie viele Bürgerinnen und Bürger lassen diese Funktion nachträglich freischalten?
  3. Wie werden die Bürgerinnen und Bürger über sichere und geeignete Lesegeräte für den Heimgebrauch informiert, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitslücken bei Geräten ohne PIN-Eingabefeld?
  4. Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, den Bürgerinnen und Bürgern bei der Aushändigung des Ausweises als sicher geltende, zertifizierte Kartenlesegeräte mit PIN-Pad zum Selbstkostenpreis anzubieten?
  5. Welche Online-Dienste stehen den Bürgerinnen und Bürgern seitens der Behörden der Kommunen und des Landes Bremen zur Verfügung? Wie werden diese angenommen?
  6. Welche zusätzlichen Dienste sind geplant bzw. wären perspektivisch denkbar?
  7. Welche Kenntnisse hat der Senat über private Anbieter von Angeboten und Diensten, bei denen eine elektronische Identifikation mit dem neuen Personalausweis möglich ist?
  8. Sind dem Senat Fälle von Missbrauch der neuen Personalausweise bekannt, etwa durch unbefugtes Auslesen der darauf gespeicherten Daten.

Rainer Hamann, Frank Schildt, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD

Antwort des Senats

1. Wie viel Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven entscheiden sich bei der Beantragung für eine Freischaltung der Online-Funktionen? Hat sich die Zahl seit 2010 erhöht?

In Bremen haben im Zeitraum Januar bis August 2013 etwa 24 % und damit 6.498 Bürgerinnen und Bürger und in Bremerhaven etwa 19 % und damit 994
der Bürgerinnen und Bürger die Online-Funktion im neuen Personalausweis einschalten lassen. In den Jahren 2011 und 2012 lag der Anteil in der Stadtgemeinde Bremen bei 26,5 % (= 14 100 Ausweisen) bzw. 23,5 % (= 12 358 Ausweisen).

Eine durchgehende Steigerung ist somit nicht zu verzeichnen. In Bremerhaven lag der Anteil auch in den Jahren 2011 und 2012 bei etwa 19 % (= 2.482 und 1.754 Ausweisen). Nur in den Monaten November und Dezember 2010, nach Einführung des neuen Personalausweises, war sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven ein höherer Anteil zu verzeichnen, der allerdings wesentlich auf die insgesamt geringe Anzahl der ausgegebenen neuen Personalausweise zurückzuführen sein dürfte.

2. Wie viele Bürgerinnen und Bürger lassen diese Funktion nachträglich freischalten?

Die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die in den Jahren 2011 und 2012 sowie in den Monaten Januar bis August 2013 die Online-Funktion nachträglich haben aktivieren lassen, ist gering. Bezogen auf die mit deaktivierter Online-Funktion ausgestellten Personalausweise betrug der Anteil unter 0,5 %. Nur in den Monaten November und Dezember 2010 war der Anteil mit gut 1 % höher. In absoluten Zahlen waren es im Jahre 2011 153 Personen, im Jahre 2012 88 und in den Monaten Januar bis August 2013 31 Personen, die die Online-Funktion haben nachträglich einschalten lassen. In den Monaten November und Dezember 2010 waren es 21 Personen.

3. Wie werden die Bürgerinnen und Bürger über sichere und geeignete Lesegeräte für den Heimgebrauch informiert, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitslücken bei Geräten ohne PIN-Eingabefeld?

Die Ausweisbehörden sind nach dem Personalausweisgesetz (PAuswG) verpflichtet, den Bürgerinnen und Bürgern bei der Antragstellung Informationsmaterial über die sichere Nutzung der Online-Ausweisfunktion auszuhändigen. In der mehrseitigen Broschüre, die vom Bundesministerium des Innern herausgegeben und den Bürgerinnen und Bürgern ausgehändigt wird, sind u. a. auch Hinweise zu den verschiedenen Typen der Kartenlesegeräte enthalten.

Bei weiterem Informationsbedarf werden die Bürgerinnen und Bürger auf die in der Broschüre aufgeführten öffentlichen Informationsangebote im Internet, so z.B. auf die Internetseite www.personalausweisportal.de, verwiesen.

4. Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, den Bürgerinnen und Bürgern bei der Aushändigung des Ausweises als sicher geltende, zertifizierte Kartenlesegeräte mit PIN-Pad zum Selbstkostenpreis anzubieten?

Der Senat steht einer solchen Möglichkeit zurückhaltend gegenüber, weil dies zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei den Personalausweisbehörden führen und zusätzlich wettbewerbsrechtliche Probleme bereiten würde.

5. Welche Online-Dienste stehen den Bürgerinnen und Bürgern seitens der Behörden der Kommunen und des Landes Bremen zur Verfügung? Wie werden diese angenommen?

Das Elster-Portal, das Dienstleistungsportal der Finanzverwaltung, unterstützt die Nutzung der Online-Ausweisfunktion. Verschiedene Steuererklärungen können sofort online erstellt und an das zuständige Finanzamt übermittelt werden.

Zusätzlich können verschiedene weitere Dienste genutzt werden, wie z.B. der elektronische Einspruch oder die Auskunft über die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale. Das gesamte Steuerverfahren kann durch die Möglichkeiten des neuen Personalausweises unter Nutzung der eID-Funktion erheblich beschleunigt und vereinfacht werden.

Die Städte Bremen und Bremerhaven bieten weiterhin Nutzerinnen und Nutzern der Online-Ausweisfunktion des neuen Personalausweises einen elektronischen Datenspeicher im Internet – den Governikus eBürgersafe – an. Damit können Bürgerinnen und Bürger ihre persönlichen Daten und wichtigen Dateien (z.B. Scan ihrer Geburtsurkunde, Versicherungsunterlagen) verschlüsselt speichern und überall und jederzeit darauf zugreifen.

Von den Behörden der Kommunen und des Landes werden darüber hinaus verschiedene Online-Dienste angeboten, so z. B. die Reservierung eines Wunschkennzeichens bei der Kraftfahrzeugzulassung und die Fundsachensuche, für die die Nutzung der Online-Funktion des Personalausweises allerdings nicht erforderlich ist.

Bürgerinnen und Bürger im Land Bremen haben im Übrigen über das Portal des Kraftfahrzeugbundesamtes (KBA) die Möglichkeit, mit dem neuen Personalausweis einen Auszug aus dem Verkehrszentralregister in Flensburg zu beantragen (Zusendung per Post). Desgleichen bietet die Deutsche Rentenversicherung an, den Status des Rentenkontos online mit dem neuen Personalausweises, d.h. Beitrags- und Ersatzzeiten sowie die zu erwartende Höhe der Rente, abzufragen.

6. Welche zusätzlichen Dienste sind geplant bzw. wären perspektivisch denkbar?

Die Nutzung der Online-Funktion des neuen Personalausweises ist für weitere Dienste geplant bzw. perspektivisch denkbar, so z.B. bei der

  • Beantragung eines Führungszeugnisses,
  • melderechtlichen An- und Abmeldung,
  • Erteilung einer Meldebescheinigung,
  • Beantragung auf Einrichtung einer Übermittlungssperre im Melderegister,
  • Erteilung einer Auskunft aus dem Gewerbezentralregister,
  • Kraftfahrzeugzulassung,
  • Anmeldung zur Eheschließung und
  • Anforderung von Personenstandsurkunden.

Bereits in Kürze wird in Bremerhaven ein Bürgerterminal in Betrieb genommen, über das Dienste aus dem Bereich des Meldewesens und der Fahrzeugzulassung unter Nutzung des neuen Personalausweises angeboten werden. Das im Land Bremen eingesetzte elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach wird ebenfalls um die Funktionalitäten des neuen Personalausweises ergänzt.

7. Welche Kenntnisse hat der Senat über private Anbieter von Angeboten und Diensten, bei denen eine elektronische Identifikation mit dem neuen Personalausweis möglich ist?

Seitens der privaten Wirtschaft bieten überwiegend Versicherungen die elektronische Identifikation mit dem neuen Personalausweis an, um den Kunden zu ermöglichen, z.B. das eigene Kundenkonto zu pflegen, aber auch um Verträge abzuschließen. Aber auch die „Schufa“ bietet Serviceleistungen unter Anwendung des neuen Personalausweises an. Auch einige E-Mail-Dienstleister bieten einen Zugang über den neuen Personalausweis an.

Die Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit sich online unter www.personalausweisportal.de über private Anbieter zu informieren.

8. Sind dem Senat Fälle von Missbrauch der neuen Personalausweise bekannt, etwa durch unbefugtes Auslesen der darauf gespeicherten Daten?

Dem Senat sind bislang keine Missbrauchsfälle bekannt geworden.