Die Bremer Transparenz-Offensive

Einsicht in Unterlagen aus Deputationssitzungen für jeden

Von Michael Brandt 15.09.2011, Weser Kurier

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Bremen. Deputationen und Ausschüsse tagen seit 2007 öffentlich. Kaum jemand hatte bisher aber eine wirkliche Chance, den Debatten dort zu folgen. Denn schriftliche Diskussionsunterlagen bleiben vorab als Geheimsache unter Verschluss. Der SPD-Abgeordnete Rainer Hamann will das jetzt gemeinsam mit seiner Fraktion ändern. Die SPD plant, dass Tagesordnungen, Protokolle und Beratungsvorlagen künftig Tage vorher im Internet veröffentlicht werden.

Hamann ist überzeugt: „Es schafft Vertrauen, wenn die Bürger unsere Handlungen nachvollziehen können.“ In der vergangenen Legislaturperiode sei zwar schon viel geschehen, um Sitzungen für die Öffentlichkeit zu öffnen und Informationen im Internet zugänglich zu machen. Hamann muss aber feststellen: „Das ist nicht ausreichend.“

Zum Beispiel Bildung. Wer da die Auseinandersetzungen mitverfolgen möchte und im Internet nachforscht, der findet nach einigen Umwegen wenigstens eine Terminliste und Tagesordnungen für die Deputation. Die Unterlagen, heißt es auf der Seite von Senatorin Renate Jürgens-Pieper, werden aber erst nach der Beratung ins Netz gestellt. Trotzdem sagt Hamann: „Bildung ist ein Vorreiter. Das Ressort ist zu loben.“Andere Behörden liegen noch weiter zurück.

Bei Deputationen handelt es sich um Verwaltungsausschüsse, in die die Fraktionen Abgeordnete und fachkundige Bürger entsenden. Viele Themen werden hier erörtert, ehe sie in die Bürgerschaft kommen. Manche Angelegenheiten, die in den Deputationen einstimmig verabschiedet werden, werden später im Parlament auch gar nicht mehr aufgerufen.

Auch während der Deputationssitzung lässt sich die Informations-Lücke für Interessierte nicht schließen. In der Debatte beziehen sich Deputierte und Abgeordnete häufig direkt auf die Unterlagen, die vor ihnen auf den Tischen liegen. Nur in seltenen Fällen gibt es eine mündliche Zusammenfassung, die auch Außenstehenden einen Einstieg erlaubt.

Die Probleme sind seit Jahren bekannt, jetzt sollen sie beseitigt werden. Selbst die SPD muss einsehen: „Interessierten Bürgerinnen und Bürgern fällt es schwer, den Beratungen in den Ausschüssen und Deputationen zu folgen.“ Die Fraktion hat einen entsprechenden Antrag für die Bürgerschaft vorbereitet und dem grünen Koalitionspartner zur Beratung zukommen lassen. Dort hat die Fraktion bereits am Montag zugestimmt. Marie Hoppe, grüne Sprecherin für Bürgerbeteiligung: „Damit schaffen wir mehr Transparenz. Viele Menschen wissen allerdings noch gar nicht, dass die Sitzungen öffentlich sind und sie sich dort aus erster Hand informieren können. Ich kann mir eine große elektronische Informationstafel außen am Bürgerschaftsgebäude vorstellen, die anzeigt, welche Themen gerade im Parlament und in den Ausschüssen sowie Deputationen beraten werden.“

Laut Antrag sollen die Unterlagen für die Ausschusssitzungen künftig auf der Internetseite der Bürgerschaft zu finden sein, die der Deputationen auf der Seite der jeweiligen Behörde. Und zwar laut Hamann „Tage vorher“. Hamann weiß aus Erfahrung, dass der Andrang bei Deputations- und Ausschusssitzungen in der Regel eher verhalten ist. Nur vereinzelt kommen Bürger, vielfach sind es die gleichen Gesichter. Das ändert sich nur dann, wenn es eine direkte Betroffenheit gibt. Wenn in der Bau- und Verkehrsdeputation über die Autobahn diskutiert wird, kommen Vertreter der örtliche Initiativen, wenn es bei Gesundheit um die Krankenhäuser geht, sitzten die Betriebsräte im Saal und hören genau zu. „Diese Gäste“, so Hamann, „sollen sich künftig gut vorbereiten können.“