The Big Google is watching you – Google Street View im Lande Bremen

Aktuelle Stunde zum Thema Google-Streetview

Abg. Hamann (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Wir haben die Aktuelle Stunde zum Thema Google Street View, und, Frau Troedel, bei Ihrer Rede war das Thema Google, bei mir gefühlt, eigentlich nur zu zehn Prozent vorrätig. Sie haben vielmehr versucht, eine Generaldebatte anzustoßen, die nichts mit einer Aktuellen Stunde zu tun hat.

(Beifall bei der SPD und bei der FDP)

Die Punkte, die Sie aufgeführt haben, sind ja alle richtig, und wir können Ihnen teilweise auch zustimmen, nur hat das mit der Aktuellen Stunde nichts zu tun! Wir wollen uns mit dem Thema Google Street View beschäftigen, und dazu möchte ich für die SPD-Fraktion einige Aussagen treffen.

Wenn man sich die Debatte der letzten Wochen anschaut, und Frau Stahmann hat auf das Thema Sommerpause hingewiesen, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier auch mit sehr viel Hysterie debattiert worden ist. Es mischt sich eine Sommerpause, es mischt sich ein Thema, welches vielleicht von anderen Sachen ablenken soll, mit Unkenntnis.

Viele Leute haben schlichtweg Angst, das ist nachvollziehbar, und diese Ängste muss man im Sinne von Aufklärung bearbeiten. Wenn ich zum Beispiel sehe, dass Menschen sagen, ja, wir haben Angst, dass jetzt durch Google Street View die Leute bei mir einbrechen, dann muss man den Leuten sagen, das ist eher unwahrscheinlich. Welcher vernünftige Einbrecher, wenn ich das einmal so bezeichnen darf, verlässt sich auf ein Bild, das eventuell zwei oder drei Jahre alt ist,

(Heiterkeit)

plant wochenlang einen Einbruch, kommt dann zu der Villa, in die er einbrechen möchte, und stellt fest, die Haustür ist verändert und der Baum ist abgesägt worden, über den er einsteigen wollte? Aus diesem Grund überzeugt dieses Argument, mit dem man sich beschäftigen muss, an dieser Stelle nicht. Interessant ist auch, welche Aktionen durchgeführt worden sind. Es ist ja in Ordnung, wenn Leute Ängste haben und auch sagen, wir wollen bei diesem Google Street View nicht mitmachen, nur, teilweise war das sehr grotesk. Wenn Sie die Internetseite rp-online.de aufrufen, finden Sie einen Artikel zu diesem Thema.

Dort sind vier oder fünf Personen vor ihrem Haus mit voller Namensnennung abgebildet, die sagen, wir widersprechen Google, wir wollen nicht, dass unser Haus im Internet abgebildet wird. Meine Damen und Herren, da hat man den Leuten nicht gesagt, dass die Zeitung auch im Internet ist. Das ist wirklich grotesk, was an der Stelle abgelaufen ist.

Dann das Thema mit den 2,90 Metern, die ein Problem darstellen sollen! Ich bin 2,02 Meter groß, und wenn ich meine Arme hochhebe, bin ich 2,60 Meter groß. Das heißt, Leute wie ich oder wie Herr Richter dürften in der Öffentlichkeit keine Fotos mehr machen. Was machen Sie mit Leuten, die in Berlin mit einem Doppeldeckerbus unterwegs sind? Die dürften jetzt keine Fotos mehr machen, wenn man dieses Argument wirklich als tragfähig bezeichnen wollte. Sie sehen, die Diskussion ist an der Stelle sehr vielschichtig.

(Zuruf des Abg. D r . Buhlert [FDP])

Hinzu kommt, um das Thema Google an dieser Stelle noch einmal aufzugreifen, ja, Google hat Interessen, Google will Geld verdienen, das ist ja auch vollkommen in Ordnung an dieser Stelle in unserem Wirtschaftssystem. Es geht eben darum, Anzeigen zu verkaufen, und Google Street View ist ein neuer Dienst, der schon vor zwei bis drei Jahren für andere Städte für andere Länder eingeführt worden ist. Google Earth gibt es seit vier bis fünf Jahren, seit zehn bis 15 Jahren können Sie Satellitenfotos kaufen, da haben Sie eine Auflösung von zehn bis 15 Zentimetern, bislang hat sich noch niemand darüber aufgeregt. Oder ein anderes Projekt, das wir auch in Bremen haben, der City-Server aus dem Jahr 2002! Auch dort gab es Firmen, die sind durch die Straßen gefahren, haben jede Haustür fotografiert und das zum Beispiel in den Beiräten angeboten. Auch das ist eine Debatte, die wir damals geführt haben, und das ist an dieser Stelle auch nicht neu.

Welche Forderungen ergeben sich jetzt, wenn wir uns mit diesem Thema ernsthaft beschäftigen? Frau Stahmann hat schon einige Forderungen genannt. Ja, es ist sinnvoll, die Bundesratsinitiative weiter­zuentwickeln und als guten Aufschlag zu benutzen, Forderung eins, zweite Forderung, wir müssen nach
vorn schauen. Es war schon mehrfach die Rede von Vernetzung von Daten. Es muss transparent gemacht werden, welche Daten erhoben werden, wie sie verarbeitet werden, wo die Server stehen, welches Recht an der Stelle greift, was passiert, wenn Daten von einer Firma A erhoben und diese später an Firma B verkauft werden. Gibt es eine Möglichkeit, dass man den Betroffenen dann eine Nachricht zukommen lässt, ich habe gerade deine Daten zusammen mit meiner Firma verkauft?

Das sind Aspekte, über die wir uns unterhalten müssen. Der dritte Punkt, der auch angesprochen worden ist und ein Problem darstellt, ist die Vernetzung. Google Street View allein ist erst einmal vollkommen harmlos. Die Frage, die man sich stellen muss, ist: Hat ein Gartenzwerg ein Persönlichkeitsrecht, hat ein Haus ein Persönlichkeitsrecht? Frau Stahmann hat darauf hingewiesen, ich sehe auch nicht, dass es so ist, aber die Verknüpfung ist das Problem, diese Daten zu verknüpfen mit anderen Daten, und davor haben die Menschen Angst, das ist berechtigt.

Wir hatten jetzt am Montag den runden Tisch Medienkompetenz.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das fehlt noch!)

Das fehlt noch an der Stelle! Auch im Sinne dieses runden Tisches ist es wichtig, Aufklärung zu betreiben, was Google Street View ist. Ich habe gerade eben ein paar Punkte genannt, die so als Angst vorhanden sind, weil sie auf Unkenntnis beruhen. Frau Troedel, eine Sache fand ich noch sehr lustig in Ihrem Redebeitrag, auch wenn es ein ernstes Thema ist: Das mit dem Krankenstand habe ich nicht ganz verstanden. Ich kann mit Google Street View heute sehen, wer sich krankgemeldet hat in seinem Garten? Nein, es sind ja keine echten Bilder, die Bilder sind zwei bis drei Jahre alt. Es stehen dort keine Kameras, es ist ganz wichtig, dies zu wissen.

(Abg. Frau T r oedel [DIE LINKE]: Das habe ich doch nicht gesagt!)

An die FDP gerichtet, Herr Richter: Ja, wir erwarten von der FDP im Bund einiges. Wo war die FDP beim SWIFT-Abkommen? Wo wird die FDP demnächst bei der Vorratsdatenspeicherung sein? Das wird interessant. Das ist ein sehr viel wichtigeres Thema als Google Street View. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)