Bundeswahlrecht ändern – dem Öffentlichkeits­grundsatz Genüge leisten

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen DRS 17/1217

Der Grundsatz der Öffentlichkeit von Wahlen, der sich aus den verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen für Demokratie, Republik und Rechtsstaat ergibt, gebietet, dass alle wesentlichen Schritte einer Wahl öffentlich überprüfbar sind. § 35 Bundeswahlgesetz lässt, mit Verweis auf die Erleichterung der Abgabe und Zählung der Stimmen, anstelle von Stimmzetteln und Wahlurnen elektronische Wahlgeräte zu.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2009 festgestellt, dass der Einsatz elektronischer Wahlgeräte grundsätzlich möglich ist, wenn die wesentlichen Schritte der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung vom Bürger zuverlässig und ohne besondere Sachkenntnis überprüft werden können. Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht aber auch festgestellt, dass die elektronischen Wahlgeräte, die bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingesetzt wurden, eben diesen Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl verletzt haben. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag nur aus Gründen des Bestandsschutzes nicht für teilweise ungültig und weil keine Wahlmanipulationen oder Fehler der Geräte offensichtlich erkennbar waren.

Die Bundeswahlgeräteverordnung wurde jedoch für verfassungswidrig erklärt, weil sie nicht sicherstellt, dass nur solche Wahlgeräte zugelassen und verwendet werden, die den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des Grundsatzes der Öffentlichkeit genügen.

Wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts deutlich zeigt, kann ein Einsatz von Wahlcomputern zum heutigen Zeitpunkt die Einhaltung des Wahlgrundsatzes der Öffentlichkeit von Wahlen und die Richtigkeit von Aufnahme und Wiedergabe der tatsächlich abgegebenen Stimmen nicht gewährleisten, was auch internationale Studien bezüglich der Anwendungssicherheit elektronischer Wahlgeräte belegen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch darauf, dass in Hamburg die Entscheidung, digitale Wahlstifte bei der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft einzusetzen, zurückgenommen wurde und in anderen europäischen Ländern, wie z. B. den Niederlanden, der Einsatz solcher Geräte seit 2007 ausgesetzt wurde.

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft (Landtag) beschließen:

Der Senat wird aufgefordert,

  1. sich in den anstehenden Beratungen auf Bund-Länder-Ebene zur Überarbeitung des Bundeswahlrechts für die strikte Einhaltung des Verfassungsgrundsatzes der Öffentlichkeit der Wahl und der entsprechenden Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts einzusetzen,
  2. sich aufgrund der bestehenden Manipulationsgefahren für einen generellen Verzicht auf den Einsatz von Wahlcomputern bei der Stimmabgabe einzusetzen,
  3. die Bürgerschaft (Landtag) über die Ergebnisse der Beratungen umfassend zu informieren.

Rainer Hamann, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD

Björn Fecker, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

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