Privatsphäre schützen, Grundrechte verteidigen

Nach den verheerenden Terrorakten in Paris Anfang des Jahres haben Millionen von Menschen in ganz Europa für Toleranz und Meinungsfreiheit demonstriert. Die europäische Zivilgesellschaft setzte somit ein klares Zeichen dafür, dass das Ziel der Terroristen, ein Klima der Angst und Einschüchterung zu schaffen, gescheitert ist.

Umso besorgniserregender sind deshalb Bestrebungen von Politikern und Sicherheitsbehörden, auf die Anschläge mit grundrechtseinschränkenden Maßnahmen zu reagieren. So forderte Bundesinnenminister de Maizière am 20. Januar 2015, dass deutsche Sicherheitsbehörden „befugt und in der Lage sein [müssen], verschlüsselte Kommunikation zu entschlüsseln, wenn dies für Ihre Arbeit und zum Schutz der Bevölkerung notwendig ist“.

Zuvor hatten bereits die Regierungen des Vereinigten Königreichs und der USA ähnliche Forderungen erhoben. Auch der EU-Anti-Terror-Koordinator legte den europäischen Innenministern ein Papier vor, in welchem ein Zugang von nationalen Behörden zu Verschlüsselungscodes von Internet- und Telekommunikationsunternehmen angedacht wird.

Bei diesen Überlegungen handelt es sich um einen erstaunlichen Paradigmenwechsel, da die Bundesregierung angesichts der Enthüllungen von Edward Snowden über das Vorgehen der NSA und anderer Geheimdienste den Bürgern die Verschlüsselung ihrer privaten Kommunikation empfohlen hatte. So heißt es beispielsweise in der „Digitalen Agenda“ der Bundesregierung, die im August 2014 vom Bundeskabinett beschlossen wurde: „Wir unterstützen mehr und bessere Verschlüsselung. Wir wollen Verschlüsselungs-Standort Nr. 1 auf der Welt werden. Dazu soll die Verschlüsselung von privater Kommunikation in der Breite zum Standard werden.“

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) informiert im Auftrag der Bundesregierung, wie Kommunikation wirksam verschlüsselt werden kann. Im Zuge der Snowden-Enthüllungen wurde richtig erkannt, dass Verschlüsselung gerade vor dem Hintergrund von Wirtschaftsspionage, die möglicherweise auch mit der Unterstützung von Geheimdiensten betrieben wird, ein essentielles Element zur Sicherung der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik Deutschland ist.

Innenpolitiker fordern jetzt nicht nur ein Ende der wirksam verschlüsselten Kommunikation; auch die Forderung nach der Einführung der Vorratsdatenspeicherung, die in ihrer bisherigen Form sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch vom Europäischen Gerichtshof verworfen wurde, erhält nach den Terroranschlägen von Paris neuen Auftrieb.

Die reflexartige Forderung nach Grundrechtseinschränkungen ohne jedwede Abwägung ist nicht die Antwort einer freien und offenen Gesellschaft.

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft (Landtag) beschließen:

  1. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene gegen Regelungen einzusetzen, die den Zugriff von Sicherheitsbehörden auf private, verschlüsselte Kommunikation zum Ziel haben.
  2. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene gegen eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung oder vergleichbarer Instrumente einzusetzen.
  3. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, ein Konzept zu entwickeln, wie die Bürgerinnen und Bürger des Landes Bremen über die Notwendigkeit und Möglichkeiten der Verschlüsselung elektronischer Kommunikation informiert werden können.

Rainer Hamann, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD

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