Ersatzfreiheitsstrafen bei Beförderungserschleichung vermeiden

Projekt für Schwarzfahrer

Der Senator für Justiz und Verfassung Bremen, den 26. Juni 2012

Vorlage für die Sitzung des Senats am 11.Juli 2012

Anfrage für die Fragestunde der Bremischen Bürgerschaft (Landtag)

  1. Trifft es zu, dass aktuell in Bremen im Rahmen eines Modellprojektes „Schwarzfahrern“ vergünstigte Monatsfahrscheine der BSAG zum Preis von 5 Euro angeboten werden?
  2. Wie viele Personen werden durch dieses Projekt begünstigt und wie wird die Differenz zum regulären Fahrpreis finanziert?
  3. Welche Gründe hat der Senat für diese Entscheidung und wie bewertet der Senat dieses Modellprojekt?

Antwort des Senats

Zu Frage 1: Seit dem 01.02.2012 wird bei den Sozialen Diensten der Justiz im Lande Bremen als Modellversuch das Projekt „Eindämmung der Ersatzfreiheitsstrafe wegen Beförderungserschleichung durch ein Stadtticket extra“ durchgeführt. Auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen der BSAG und dem Senator für Justiz und Verfassung können bis zu 20 Projektteilnehmer, besondere Härtefälle, ein Stadtticket extra zum Preis von 25,00 EURO erwerben. Die Teilnehmer leisten einen Beitrag von 5,00 EURO und die Sozialen Dienste der Justiz einen solchen in Höhe von 20,00 EURO an die BSAG. Zur Aufnahme in das Projekt müssen bei den Teilnehmern auf Grundlage einer Einschätzung der Sozialen Dienste der Justiz bzw. der Justizvollzugsanstalt Bremen mehrfache schwerwiegende Belastungen wie Drogenabhängigkeit, psychischen Auffälligkeiten sowie gesundheitliche Defizite vorliegen. Daneben müssendie Teilnehmer Ersatzfreiheitsstrafen wegen Beförderungserschleichung im Zusammenhang mit ihren Problemlagen mehrfach und nachhaltig verbüßt haben, da eine Ratenzahlung oder Abarbeitung der Geldstrafe aufgrund der Problemlagen nicht möglich war,sowie im Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII stehen.

Zu Frage 2: In den Monaten Februar bis Juni 2012 nahmen zwischen 13 und 18 Teilnehmer an dem Modellprojekt teil. Der Differenzbetrag wird aus dem Haushalt der Sozialen Dienste der Justiz finanziert.

Zu Frage 3: Nach Stichtagserhebungen in der JVA Bremen haben monatlich durchschnittlich 15 bis 20 Insassen wegen Beförderungserschleichung eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt.

Die Dauer der Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen wegen Beförderungs­erschleichung wies bei den Stichtagserhebungen eine Spannbreite von zehn Tagen bis zu nahezu eineinhalb Jahren auf. Bei diesem Personenkreis handelt es sich mehrheitlich um Personen in desolaten sozialen Verhältnissen mit erheblichen Drogenproblemen, die überwiegend auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.

Die Vollsteckung einer Ersatzfreiheitsstrafe verfehlt ihre Wirkung in diesen Fällen häufig, sie wird von den Betroffenen vielmehr als kurzfristige Lösung der multiplen Problemlagen, wie etwa Drogensucht, Wohnungslosigkeit, Verschuldung etc. gesehen. Bemühungen, diesen Personen durch die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe, zukünftig ein straffreies Leben zu ermöglichen, scheitern aufgrund der desolaten sozialen Verhältnisse häufig. Vor diesem Hintergrund soll das Projekt mit Hilfe der sozialarbeiterischen Begleitung der Teilnehmer durch die Sozialen Dienste der Justiz einen Beitrag zur dauerhaften Rückfallvermeidung dieser sog. besonderen Härtefälle leisten, was im übrigen auch zu Einsparungen bei Gerichten, Staatsanwaltschaft und JVA führt.

Eine Bewertung des Projekts ist dem Senat aufgrund der Kürze der bisherigen Laufzeit noch nicht möglich. Nach Ende der Laufzeit am 31.12.2013 ist eine Evaluierung des Projektsvorgesehen, die eine abschließende Bewertung ermöglichen wird.